
POC
Sicher, stilvoll, schwedisch
Die Geschichte von POC begann bei einem Slalom-rennen. Firmengründer Stefan Ytterborn sah seine Söhne im Karacho den Hang hinunterpreschen und wusste: Er musste die Köpfe seiner Kinder mit dem bestmöglichen Material schützen, ohne sie aussehen zu lassen wie Clowns. Nur so würden sie die Helme auch tragen.
POC Sports ist eine Erfolgsgeschichte. Das florierende Unternehmen verkauft jährlich über 500 000 Helme in rund 50 Ländern, allen voran in den USA und den Alpenregionen. Auslöser für die Firmengründung war allerdings keine genau ausgetüftelte Geschäftsidee, sondern eine plötzliche Eingebung. 2003 begleitete Stefan Ytterborn seine Söhne zum Skitraining. Die beiden nicht einmal zehnjährigen Jungs rasten in einem beängstigenden Tempo den Hang hinunter. Ihr Vater war hin- und hergerissen zwischen Stolz und Sorge um ihre Sicherheit. Was, wenn sie stürzten? Ihre Schutzausrüstung sah nicht nur hässlich, sondern auch ziemlich nutzlos aus. Sein Plan war schnell gefasst: Er würde eigene Helme entwerfen, denn darauf verstand er sich als Designberater. Sein Ziel: Leben retten, die Gesundheit schützen und so gut es geht die negativen Konsequenzen von Unfällen verringern.
Stefan Ytterborn tat sich mit dem heutigen Kreativdirektor Jan Woxing und einem befreundeten Finanzexperten zusammen. Das Trio prüfte gemeinsam mit einem Neurologen und verschiedenen medizinischen Fachpersonen alle möglichen Sturzszenarien im Detail. Daraus entstand schliesslich das «POC Lab». In einem weiteren Schritt wurde ein Pflichtenheft erstellt, in dem die Merkmale eines Helms mit optimaler Schutzwirkung genau festgelegt waren. Gleichzeitig sollte er einen möglichst hohen Tragekomfort bieten, aerodynamisch sein und cool aussehen. «Diese Quadratur des Kreises versuchen wir im Bereich unserer Möglichkeiten innovativ zu lösen», sagt Oscar Huss, Produktchef bei POC.
Berühmt dank Julie Mancuso
2005 wurde der «Skull Comp» von mehreren Profiskifahrerinnen und -fahrern getestet, darunter von Julie Mancuso, die damals noch kaum jemand kannte. Im darauffolgenden Jahr gewann die Amerikanerin an den Olympischen Spielen in Turin Gold im Riesenslalom. Sie trug dabei einen weissen Helm von POC. Das Logo der Marke ging um die Welt. Kurz darauf erweiterte die schwedische Firma ihr Angebot auf Sonnenbrillen, Skibrillen und Protektoren, zunächst fürs Pistenskifahren und Snowboarden, anschliessend auch für den boomenden Freeride-Markt. «Dann haben wir das grosse Potenzial der Helme und Schutzausrüstungen für Kinder erkannt», sagt Oscar Huss. «Sie sind leichter als Erwachsene und ihr Gehirn ist noch nicht voll ausgereift. Für sie besteht das grösste Risiko darin, mit voller Wucht von einer älteren Person gerammt zu werden.» Aus dieser Erkenntnis heraus entwickelte die Firma das Sortiment Pocito mit markant verbesserter Sicht und Stossfestigkeit.
2009 erschloss POC mit der gleichen Philosophie den Mountainbike-Markt. «Eine logische Entwicklung, schliesslich werden die beiden Sportarten im gleichen Umfeld und oft von den gleichen Leuten ausgeübt», sagt Oscar Huss. 2013 stieg die schwedische Firma ins Strassenvelo-Geschäft ein. Auch dort fanden ihre durchdesignten und hochwertigen Produkte grossen Anklang. Bald schon fügte POC seinem Sortiment stilvolle Funktionskleidung hinzu und gewann mit dem US-amerikanischen Radsportteam EF Education-Nippo einen wichtigen Kunden. Heute erwirtschaftet POC 75 Prozent seines Umsatzes mit Radsportartikeln, die restlichen 25 Prozent mit Skisportprodukten.
Vielfach ausgezeichnet
2017 zog sich Stefan Ytterborn von POC zurück. Sein Nachfolger Jonas Sjogren trieb die internationale Expansion des Unternehmens weiter voran. Von seinem Hauptsitz in Stockholm aus eröffnete POC Niederlassungen in Park City (Utah), Salzburg und Christchurch (Neuseeland) und beschäftigt heute 125 Mitarbeitende.
Seine hauptsächlich in China, Italien und Vietnam hergestellten Produkte wurden rund 60-mal ausgezeichnet, unter anderem mit dem renommierten Bike Industry Brand of the Year Award 2018. Innovation ist bei POC ein echter Glaubenssatz. Derzeit arbeitet die Firma an Gläsern zur schnelleren Unterscheidung von Schnee und Eis, an einem Chip für Helme, der Personalien und Gesundheitsinformationen enthält, und an einem Recco-Detektor zur Ortung von Verunfallten. Ausserdem kooperiert POC mit Volvo, um ein digitales Frühwarnsystem in Autos zu integrieren, das auf Velofahrer aufmerksam macht.
Im Lauf ihrer Geschichte hat die Marke mit über 200 Sportlerinnen und Sportlern zusammengearbeitet, darunter auch mit Marco Odermatt und Michelle Gisin, die aktuell von ihr ausgerüstet werden. Hat Corona das Geschäft beeinträchtigt? Im Gegenteil, sagt Oscar Huss. Die Lockdowns haben die Menschen ins Freie getrieben, ausserdem sind Helme im Skisport und beim Mountainbiken heute die Regel. POC verbuchte 2020 ein Umsatzwachstum von knapp 25 Prozent. Alles bestens also. Nachdenklich meint Oscar Huss: «Ich frage mich oft, wie viele Leben unsere Produkte gerettet haben und wie viele sie dazu veranlasst haben, mit dem Velo- oder Skifahren anzufangen. Es müssen eine ganze Menge sein. Das ist wohl unsere schönste Auszeichnung.»