Houdini

«Wissen, Liebe, Schönheit und Hoffnung...»

Autor
Laurent Grabet
Urheberrechte ©
Houdini
Veröffentlichung
Dezember 2022

Die schwedische Outdoor-Marke wurde Ende der 1980er-Jahre von ein paar Freundinnen gegründet und zeichnet sich durch ein ausgeprägtes Werte- und Umweltbewusstsein aus. Ihre CEO Eva Karlsson erzählt uns die «holistische» Firmengeschichte.

«Ein Philosoph meinte einmal: Alles, was wir im Leben brauchen, ist Wissen, Liebe und Schönheit. Ich stimme ihm zu, würde aber auch noch Hoffnung hinzufügen. Die Hoffnung, dass ein Umdenken stattfinden kann, Zusammenarbeit der richtige Weg ist und wir ihn beschreiten können.» So spricht Eva Karlsson. Die 53-Jährige ist weder Philosophin noch Lebenscoach, sondern CEO der schwedischen Outdoor-Marke Houdini.

Dem Zufall geschuldet
In der Schweiz ist Houdini wenig bekannt, in Skandinavien, Deutschland, Japan und den USA geniesst die Marke Kultstatus. Die Idee dazu entstand Ende der 1980er-Jahre in einer Gruppe Kletter- und Skitourenfans. Sie bestand hauptsächlich aus Frauen, einige sind noch heute dabei. «Damals war Outdoor-Kleidung meist schwer, unförmig und unpraktisch, also entwarfen die Freundinnen kurzerhand ihre eigenen Teile», erzählt Eva Karlsson. Ihre Bemühungen zahlten sich aus. Die Produkte überzeugten und etablierten sich nach und nach in der kleinen schwedischen Sportgemeinschaft.

Die offizielle Unternehmensgründung erfolgte erst 1993. Warum wurde die Firma nach dem legendären amerikanischen Zauberer Harry Houdini (1874–1926) benannt? «Weil man sich in den Bergen oft wünscht, man könnte sich wie dieser grosse Illusionist fast magisch aus einer misslichen Lage befreien», antwortet Eva Karlsson mit einem vielsagenden Grinsen. Die Jahre vergingen, das von lauter Frauen geleitete Unternehmen florierte. Houdini machte immer grössere Gewinne – bis 2001.

Nachhaltigkeit statt Wachstum
«2001 übernahm ich die Firmenleitung. Uns wurde bewusst, welch verheerende Auswirkungen die Textilbranche auf die Natur hat. Statt sie zu schützen, zerstören wir sie», moniert die Schwedin. Sie selbst wandert viel, fährt begeistert Ski und «liebt die leuchtenden Morgenstunden, die sie mit Energie erfüllen und die Vögel zu Singen bringen.» Diese Erkenntnis weckte bei der Firma den Wunsch, «Teil der Lösung zu werden, statt Teil des Problems zu sein». Sie setzte und setzt noch immer alles daran, zur Kreislaufwirtschaft zu wechseln und keinen Abfall mehr zu produzieren, ganz nach dem Motto: «Wir wollen nicht die Grössten, sondern die Nachhaltigsten sein!»

Bei Houdini gibt es kein scheinheiliges Greenwashing und keinen irreführenden Diskurs über grünes Wachstum. Wie Patagonia legt auch die schwedische Marke grossen Wert darauf, umweltbewusst zu agieren. Dennoch eifert sie dem bekannten kalifornischen Unternehmen nicht nach. «Unser wahres Vorbild ist Mutter Natur», stellt Eva Karlsson klar. Wir möchten zu hundert Prozent zirkulär arbeiten, wie das die Natur auch macht. Es gibt Unternehmen, die schaden der Umwelt, spenden aber gleichzeitig viel Geld an Umweltorganisationen. Das macht für uns keinen Sinn.»

Ein «holistisches» Unternehmen
Houdini hat seinen Sitz in Stockholm und beschäftigt heute rund 50 Mitarbeitende in ebenso vielen Verkaufsstellen. Der bescheidene Gewinn fliesst zu einem grossen Teil in Forschung und Entwicklung. Die Marke richtet sich an verantwortungsbewusste Konsumentinnen und Konsumenten, die ihre Wertvorstellungen in die Praxis umsetzen möchten und für die sie funktionale, vielseitig einsetzbare, schlicht-elegante und zeitlose Sportkleidung entwirft. Auf schrille Farben und auffällige Logos verzichtet Houdini bewusst, schliesslich geht es in erster Linie darum, langlebige Produkte anzubieten. Die sind zwar relativ teuer, können dafür aber «mindestens 1000-mal getragen und anschliessend wiederverwertet werden», erklärt Eva Karlsson. Um die Lebensdauer der Produkte weiter zu verlängern und diese für mehr Leute erschwinglich zu machen, hat Houdini vor zehn Jahren einen Secondhand-Markt aufgebaut.

Houdini arbeitet mit hochrangigen Wissenschaftlern und nachhaltigen Industrieunternehmen zusammen und hat das Open Sourcing zum Standard erklärt. In diesem Sinne lässt die Marke ihre Erfindungen nicht patentieren. Sie seien frei verfügbar, sagt die Firmenchefin, denn «wir sind überzeugt, dass man durch Zusammenarbeit schneller und besser vorankommt als durch reinen Wettbewerb». Dazu passt auch die Unternehmensphilosophie: «Bei Houdini sind wir in erster Linie Menschen, nicht Mitarbeitende. Ich selbst bin Mutter, Ehefrau, Sportlerin, Naturliebhaberin und CEO. Diese Facetten meiner Identität sind eng miteinander verwoben. Wir sind ein holistisches Unternehmen, das sowohl die Bedürfnisse der Natur als auch die unserer Mitarbeitenden ernst nimmt.»

houdinisportswear.com