
Simon, Martin und Samuel Anthamatten
Drei Brüder – eine Passion
Die drei Zermatter Ausnahmebergsteiger sind alle ausgebildete Bergführer. Ihre gemeinsame Leidenschaft leben sie auf unterschiedliche, aber immer spektakuläre Art aus. Begegnung mit einem ungewöhnlichen Geschwistertrio.
Anthamattens gibt es im Oberwallis wie Sand am Meer. Simon, Martin und Samuel sind aber zweifellos die bekanntesten Namensvertreter in dieser Region. Die 35, 34 und 32 Jahre alten Brüder verbindet die Liebe für die Berge. Alle drei sind ausgebildete Bergführer. Ihre Leidenschaft setzen sie aber unterschiedlich um.
Drei Energiebündel
Simon, der Älteste, ist ein erfahrener Alpinist. Er war mehrfach als Seilbruder mit dem viel zu früh verstorbenen Ueli Steck unterwegs. Die beiden Männer gewannen 2009 den Piolet d’Or für die Erstbesteigung der Nordwand des Tengkangpoche (6487 m) in Nepal, die sie im Alpinstil über die 1700 Meter hohe Checkmate-Route erklommen.
Martin, der Mittlere, ist Grenzwächter von Beruf. Er hat sich auf Ski-Alpinismus und Trailläufe spezialisiert. In seinem beeindruckenden Palmarès stehen ein Sieg an der Patrouille des Glaciers 2010, ein zweiter Platz im Jahr 2018 (in 5h45) sowie zwei Erfolge am Matterhorn Ultraks 46K, der letzte im vergangenen August. Gesegnet mit einem unglaublichen Durchhaltevermögen verbringt Martin die meiste Zeit mit Konditionstraining in der Höhe, in einer „ungestillten Sehnsucht nach Freiheit und Über-sich-Hinauswachsen“. Diese Saison konzentriert er sich auf zwei Ziele: die Skitourenrennen-WM in Villars (VD) und die prestigeträchtige Trofeo Mezzalama. „Das braucht viel Energie, gibt mir aber auch viel Energie“, sagt der unermüdliche Streiter.
Samuel, der Jüngste im Bunde, ist in der breiten Öffentlichkeit am Bekanntesten, denn er brillierte wiederholt an der stark mediatisierten Freeride World Tour (FWT). 2011 belegte er dort gleich bei seiner ersten Teilnahme den zweiten Platz. Im gleichen Jahr eröffnete er zusammen mit seinem älteren Bruder Simon in der Matterhorn-Nordwand die Anthamatten-Route und bewies auch hier einmal mehr seine mittlerweile legendäre mentale Stärke. Samuel sucht auf der ganzen Welt nach schönen Linien und nutzte die FWT als Sprungbrett für eine erfolgreiche Karriere als Fotograf und Videofilmer.
Geteilte Leidenschaft
Die Geschwister haben ihre Liebe zu den Bergen gemeinsam entdeckt, als sie noch Kinder waren. Martin erinnert sich: „Wir waren ständig draussen, am Joggen, Wandern oder Klettern.“ Mit nur 11 und 14 Jahren hatten Samuel und Simon bereits das Breithorn (4164 m) bestiegen. Es war der erste Viertausender einer langen Serie.
Die Eltern des Power-Trios waren nie vernarrte Bergler. Ihr Vater, ein Hochbauzeichner, und ihre Mutter, Hausfrau, unternahmen sonntags gerne Wanderungen, mehr nicht. Sie sind voller Sorge um ihre draufgängerischen Kinder. Zum Glück ist wenigstens einer von ihnen ruhiger geworden. Simon konzentriert sich auf seinen Bergführerberuf. Er arbeitet seit letzten Januar als Helikopterpilot bei Air Zermatt und geht in seiner neuen Tätigkeit als Bergretter auf: „Wenn man jemanden retten muss, der in den Bergen in Schwierigkeiten steckt, weiss man, dass man alles geben muss. Ein Berg zum Vergnügen zu besteigen entbehrt eigentlich jeglicher Logik.“
„Berge sind nicht wie Menschen, sie sind immer ehrlich. Wenn du eine falsche Entscheidung triffst, weisst du das sofort. Mit Bergen kannst du nicht schummeln“, erklärt Samuel. Im Gespräch mit den drei Brüdern wird deutlich, dass sie im Umgang mit Menschen und mit Bergen vor allem auf eines Wert legen: Aufrichtigkeit. Eine Aufrichtigkeit, die zweifellos die Unnachgiebigkeit der Berge widerspiegelt.