Julbo

Wenn «Made in Jura» ins Auge sticht

Autor
Laurent Grabet
Urheberrechte ©
Julbo
Veröffentlichung
November 2021

Die Marke Julbo wurde 1888 von einem gewissen Jules Baud in der Wiege der französischen Brillenindustrie gegründet. Heute gilt sie in vielen Sportarten als Referenz. Wir haben uns am Firmensitz mit den Verantwortlichen über die Erfolgsgeschichte unterhalten.

«Nach einer Legende sollen Brillen in Morez erfunden worden sein», sagt Christophe Beaud mit einem Lächeln. Der CEO von Julbo sitzt uns im luxuriösen Showroom der Marke gegenüber und macht keinen Hehl daraus, wie stolz er auf das Vermächtnis ist. Im lokalen Museum heisst es etwas unprätentiö-ser, die Stadt sei die nationale Wiege der Brillenindustrie. Unbestritten ist auf jeden Fall, dass das kleine Tal im französischen Jura eine wichtige Rolle in der Geschichte der Brillenherstellung spielt. Davon zeugt auch die renommierte nationale Optiker-schule, die noch immer in der Kleinstadt angesiedelt ist. 15 grosse Marken haben hier in den goldenen 1970er-Jahren Bril-len hergestellt, aber nur wenige haben überlebt. Julbo hingegen floriert. Das französische KMU beschäftigt heute 200 Personen, 80 allein am Firmensitz in Longchaumois. Es verkauft jedes Jahr rund eine Million Brillen in 90 Ländern und erwirtschaftet einen Umsatz von 30 Millionen Euro.

Jules Baud würde seinen Ohren nicht trauen! 1888 legte der Einheimische in Morez den Grundstein für die Marke Julbo, als er im Auftrag von Kristallsu-chern aus Chamonix Spezialbrillen ent-wickelte. 1950 erlebte die kleine Firma ihren ersten Wachstumsschub. Sie spezialisierte sich auf Gletscherbrillen und machte mit dem Modell «Vermont» Furore. Die todschicke runde Brille mit den Seitenteilen aus Leder begleitete Lionel Terray, Maurice Herzog und Louis Lachenal auf ihren Himalaja-Expeditio-nen. Sie wird auch heute noch produziert.

Prominente Partnerschaften
Zwanzig Jahre später holte Julbo mit Yan-nick Seigneur einen hochklassigen tech-nischen Berater ins Boot. Der Bergführer war der erste einer langen Liste namhafter Partner wie Eric Escoffier, Patrick Gabar-rou, der verstorbene Ueli Steck oder Mike Horn. «Über 150 Athletinnen und Athle-ten aus rund zwanzig Sportarten schen-ken uns heute ihr Vertrauen», bestätigt Marketingchefin Stéphanie Dugas. Dazu gehören der Biathlet Martin Fourcade, der Zermatter Bergsteiger Andreas Steindl und die Eiskletterin Inès Papert. Die Part-nerschaften existieren dabei nicht nur auf dem Papier, betont sie. «Wir arbeiten eng zusammen. Das Zwischenmenschliche, die Treue und die technischen Anforde-rungen müssen stimmen. Das zwingt uns, immer neue Grenzen zu suchen und dabei die Marktbedürfnisse nicht aus den Augen zu verlieren.»

Ihr Arbeitgeber wendet 8 bis 12 Prozent des Jahresumsatzes für Marketing auf! Er ist an zahlreichen Outdoor-Events wie dem UTMB, dem E-Bike-Festival in Ver-bier, dem Roc d’Azur und der Transjuras-sienne anwesend. Die Strategie zahlt sich aus. Julbo hat sich innerhalb von 15 Jahren fest auf dem europäischen Markt etabliert, betreibt eine Filiale in den USA, eine Pro-duktionseinheit in Rumänien und verfügt in mehreren europäischen Ländern über eigene Vertretungen.

Übernahme und Erfolgreiche Diversifizierung
Henri Beaud, der Grossvater der heuti-gen Eigentümer, kaufte das Unternehmen 1985, als es 60-mal mehr Umsatz generierte als heute. Trotz ihrer bis auf einen Buchstaben identischen Namen war Beaud nicht mit dem Gründer ver-wandt. Was sie aber verband, war die Liebe zu hochwertiger Arbeit. Auf Henri Beaud folgte sein Sohn, danach übernah-men seine Enkel Christophe und Matt-hieu die Zügel. Sie machten sich daran, neue Absatzmärkte zu erschliessen. Die Diversifizierung sei dringend notwendig gewesen, betonen sie. Als erstes fasste Julbo mithilfe von Franck Cammas in der Segelszene Fuss. «Der Platz war noch frei und da Segeln und Bergsteigen viele Gemeinsamkeiten haben, drängte sich dieses Marktsegment auf.»

Parallel dazu lancierte die Marke ein Sorti-ment für Kinder und liess die Brillen vor allen anderen in Asien produzieren. Wie durch ein Wunder wurden ihr die Globali-sierung und die Standortverlagerung nicht wie vielen Konkurrenten zum Verhängnis, sondern liessen sie erst recht durchstar-ten. Julbo stellte massenhaft Leute ein und wuchs weiter. Mountainbiking, Trail-running, Radfahren, Klettern – mittlerweile ist die französische Firma mit ihren rund hundert Modellen in allen Outdoor-Trend-sportarten aktiv.

Lokale Spitzentechnologie
70 Prozent der Brillen werden in einer firmeneigenen Fabrik in Rumänien pro- duziert, die Montage und Qualitätskon-trolle erfolgen in Longchaumois. Das Label «made in Jura» wird daher auch stolz zur Schau getragen. Darüber hinaus hat Julbo ein knappes Dutzend Patente hinterlegt und betreibt als einzige Marke in Europa ein optisches Hightech-Labor. Hier werden seit 2014 unter anderem die photochromen Trivex-Gläser für Sonnen-brillen mit Sehstärke bearbeitet, poliert, lackiert und behandelt. «Wir liefern Son-nenkorrekturgläser in zehn Arbeitstagen. Zu unseren Kunden gehört zum Beispiel der Radrennfahrer David Gaudu vom FDJ-Team», sagt Laborchef Frédéric Michelli. Sie seien stolz auf die vielen Spitzensport-ler, die mit ihren Brillen Erfolge feiern, fügt der Mechaniker Thierry Canapale hinzu, während er die Torsionssteifigkeit der neuen Bügel testet.

Und was ist mit Corona? Unter dem Strich hat die Pandemie Julbo nicht zugesetzt. Sie hätten ihre Produkte in aller Ruhe wei-terentwickelt, so Christophe Beaud. «Wir sind stärker aus der Krise hervorgegan-gen. Der Markt hat sich sogar zu unse-ren Gunsten entwickelt. Die Lockdowns haben bei den Menschen das Bedürfnis geweckt, sich draussen zu bewegen, Outdoor-Aktivitäten boomen und das scheint erst der Anfang zu sein», freut sich der Firmenchef. Hinter ihm thront in einem Schauglas eine Evad-1. Lässt sich mit dieser ersten Smart-Sportbrille die Zukunft von Julbo lesen? Die scheint nach den Ausführungen des CEO und sei-nes Teams zu urteilen unter einem guten Stern zu stehen.

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