Hochgebirgsluft schnuppern

Mission 4000 m

Autor
Daniel Bauchervez
Urheberrechte ©
Michele Lana | Kurt Müller
Veröffentlichung
Winter 2024-2025

Das Breithorn gilt als bergsteigerisch einfachster Viertausender der Alpen. Man muss kein ausgewiesener Alpinist sein, um den Aufstieg zu schaffen. Die Klein-Matterhorn-Bahn bringt Hobbybergsteiger so nah an den Gipfel heran, dass sie ihn in rund zwei Stunden erreichen.

Zur Einstimmung erwartet die Gipfelstürmer eine atemberaubende Aussicht auf die Alpen. Von der Bergstation des Matterhorn glacier paradise auf 3883 Metern über Meer blickt man auf unglaubliche 38 Viertausender. Die weissen Riesen wecken Begehrlichkeiten. Während die meisten dieser Giganten aber viel technisches Können und Erfahrung erfordern, gibt es auch ein paar weniger anspruchsvolle Begehungen. Dazu gehört das Breithorn (4164 m). Der vergletscherte Bergkamm gilt sogar als der einfachste der 82 alpinen Viertausender.

Der Aufstieg beginnt mit den Ski an den Füssen und einem LVS-Gerät auf dem Rücken. Sicherheit ist auch hier oberstes Gebot und das Wetter in diesen Höhen bekanntlich unberechenbar. Sonnenschein und strahlend blauer Himmel können im Handumdrehen in dickste Suppe und Schneestürme umschlagen.

 Skitouren für Einsteiger
Im Rücken des Klein Matterhorn breitet sich das blendend weisse Meer des Breithornplateaus aus. Die Route startet parallel zum Skilift Gobba di Rolin, der auf den höchsten Punkt des Skigebiets von Zermatt führt (3899 m). Im Visier: schneebedeckte Felszacken, die aussehen, aus würden sie aus einem fernen Eisschelf ragen. Dahinter taucht in der kristallklaren Luft die weisse Spitze des Breithorns auf. Schritt für Schritt rückt es näher.

Das Breithorn ist in Wirklichkeit ein fast zwei Kilometer langer, fünfgipfliger Bergkamm. Am höchsten und am einfachsten zu begehen ist der Westgipfel. Der Aufstieg beginnt fast unmerklich, Ski in Hangrichtung. Nach und nach wird die Route steiler, jetzt heisst es seitwärts gehen. Die Oberschenkel fangen an zu brennen, die Luft wird dünner, der Atem kürzer. Im Osten zeichnen sich die italienischen Alpen am Horizont ab.

Anfänger schnallen die Ski auf halber Höhe ab und verstauen die Felle im Rucksack, bevor sie mit Steigeisen weitergehen. Geübtere halten bis zum Gipfel durch. Sie lassen sich auch vom kurzen, steilen Schlussstück nicht abschrecken. Oben dann die Belohnung: der Blick auf den Gornergletscher und die Dufourspitze (4634 m), den höchsten Punkt des Monte-Rosa-Massivs und der Schweiz.

2500 Höhenmeter
Im Osten gibt die Schwarzfluh oder Roccia Nera die Richtung vor. Dort endet das Breithorn auf italienischem Boden am Schwarztor (3725 m). Gegenüber wacht Pollux (4089 m) über seinen Zwilling Castor (4228 m). Auf der wohl schönsten Abfahrt im Alpenraum reihen sich mit dickem Pulverschnee gefüllte Mulden und weiche Kuppen aneinander, in die man genussvoll seine Spuren zieht, bevor der zerklüftete Schwärzegletscher mit seinen eisigen Schneidezähnen das Adrenalin in die Höhe treibt. Dahinter zieht der Gornergletscher wie ein starrer Fluss eine breite Schneise durch die weisse Landschaft.

Hier muss man sich entscheiden: Entweder man setzt die Abfahrt fort oder man bewältigt einen weiteren schweisstreibenden Aufstieg bis zur 300 Meter weiter oben gelegenen Monte Rosa Hütte (2833 m), die wie ein Diamant am Gletscherrand funkelt.

Die trichterförmige Gornerschlucht ruft. Zwischen grossen Felsbrocken und blankem Eis zeichnet sich talwärts ein Hindernisparcours ab. Im Frühling verdrängt das Rauschen des freigesetzten Wassers das Knirschen der Kanten und führt die Skifahrer zum sonnendurchfluteten Ausgang der Schlucht. Vorbei an Lärchen, gelegentlich Grasflecken umfahrend, geht es bis zur Hängebrücke von Furi und von dort zurück nach Zermatt.

zermatters.ch