Heinz Julen

Kreatives Multitalent

Autor
Claude Hervé-Bazin
Urheberrechte ©
Heinz Julen | Kurt Reichenbach, Schweizer Illustrierte
Veröffentlichung
Winter 2023-2024

Heinz Julen stammt aus einer Familie, an der in Zermatt nichts vorbeiführt. Er selbst ist ein Freigeist und Querdenker, der sich gern über Konventionen hinwegsetzt. Als Künstler, Architekt, Designer und Hotelier beweist er seine Genialität in unterschiedlichsten Realisationen.

Heinz Julen macht nichts wie die anderen. Vielleicht wurde ihm diese Eigenschaft ja in die Wiege gelegt? Sein Vorname jedenfalls beruht auf einer nicht alltäglichen Geschichte. In den 1960er-Jahren versprach sein Vater August einem Stammgast seines Restaurants in Findeln, seinen ersten Sohn nach ihm zu benennen. Wer der Unbekannte war? Mister Heinz, der in Pennsylvania eine berühmten Saucen- und Ketchup-Fabrik leitete. Das Kind kam am 29. Februar zur Welt. Zweifellos ein Wink des Schicksals! Heinz Julen wuchs fest verwurzelt in seiner Heimat über dem Mattertal, umgeben von blühenden Alpwiesen und dem schönsten Bergpanorama auf. Schon früh fing er an zu zeichnen und zu malen. In seinen ersten Skizzen porträtierte er das Matterhorn. Er stellte die Bilder am Wegrand in Findeln aus, bevor er dort sein erstes Atelier einrichtete. Damals war er gerade einmal 16 Jahre alt. Seine Faszination galt dem Ready-Made, aber die Kunstschule in Sitten konnte ihn nicht lange halten. Heinz wurde bewusst, dass er für seine Kunst seine geliebten Berge benötigte. Mit 20 Jahren baute er im Zentrum von Zermatt seine eigene Galerie und später ein neues Atelier. Er wirkte wie ein Besessener, fertigte Collagen und Skulpturen an, die an etlichen Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt wurden. 1990 lancierte der damals 26-Jährige das Kulturzentrum Vernissage. Das Konzept: unter einem Dach in einem kreativen, einladenden Rahmen Galerie, Kino, Theater, Shows, Bar und Club, alte Filme von Julen senior, Blockbuster und internationale Künstler zu vereinen. Auf der Suche nach Möbeln für diesen multifunktionalen Ort musste Heinz feststellen, dass es das, was er suchte, nicht gab. Also wurde der Künstler kurzerhand zum Designer. Und dann zum Baumeister. Er liess das Backstage-Hotel, seine Chalets und Lofts bauen. Alle tragen sie seine unverkennbare Handschrift, in der Kunst, Design und Alpen ideenreich zusammenfliessen.

Gott, die Berge und die Kunst
Man kann mit einem Bein fest im Leben und mit dem anderen im Himmel stehen, könnte man die Lebenseinstellung des Zermatters auf den Punkt bringen. «Es ist alles eine Frage der Leidenschaft», sagt er. Obwohl er von Kunst und Mystik erfüllt ist, war er von figurativer Malerei zunächst frustriert. «Nie werden wir Menschen etwas so Schönes, Bewegendes hinbekommen wie die Natur», ist er überzeugt. Aus dieser Erkenntnis entstand das Projekt  «Mountain Cubes»: metallische Würfel mit Kantenlängen von 30 Zentimetern, die er von der Spitze der Berge warf. Durch Aufpralle formte der Berg selbst das Kunstwerk. «Ein überwältigendes, erhabenes Gefühl», erinnert sich Heinz. Mit dem gleichen Gedanken sammelte er Abfall, der vom Zufall verändert wurde. Eine Begegnung mit Peter Doig, einem der einflussreichsten Maler weltweit, brachte ihn dazu, wieder zu malen – auf seine eigene Art und Weise. Seine grossformatigen Bilder von Bergen, Gletschern oder seinem Atelier in Findeln sollten sich verändern. Das zerknittere Papier folgt seinem eigenen Schicksal, bevor es dreidimensional bearbeitet wird. Die Handlung geht über das Objekt hinaus und versucht so, das Wesentliche zu erfassen: «das Geheimnis des Lebens». Die neuesten Kreationen von Heinz Julen werden ab Mitte Februar 2024 in der Galerie Kunsträume des Hotels Backstage gezeigt.

heinzjulen.com