
Ein (fast) normaler Winter
Zermatt
Zermatt will im Gegensatz zu vielen anderen Skigebieten in der Wintersaison 2020/21 möglichst viele Anlagen und Einrichtungen öffnen. Markus Hasler, der CEO der Zermatt Bergbahnen, erklärt, wie die ambitionierte Strategie aussieht.
Wie haben die Zermatt Bergbahnen dieses Jahr erlebt?
Bis zum Lockdown sind wir auf ein Rekordjahr zugesteuert. Nach der plötzlichen und kompletten Schliessung der Anlagen am 14. März 2020 mussten wir uns neu organisieren und die Teams abwechslungsweise in zwei Gruppen arbeiten lassen, um die Corona-Massnahmen einzuhalten. So war es uns trotz allem möglich, die Anlagen zu unterhalten und am 7. Juni für die Schweizer Gäste sicher wieder zu öffnen. Dank der konsequenten Unterstützung unserer Finanzpartner konnten wir zudem unsere Investitionspläne sicherstellen und die laufenden Projekte fortsetzen.
Welche Projekte genau?
Die Gondelbahn Kumme soll am 20. Dezember ihren Betrieb aufnehmen. Es wird die erste bedienfreie Anlage dieser Art in der Schweiz sein. Sie verläuft in zwei Sektionen vom Tuftenkehr zum Unterrothorn. Gleichzeitig wird die Beschneiungsanlage bis unten an die Pisten ausgebaut, was diesen Teil des Skigebiets attraktiver macht. Die 3S-Bahn Matterhorn glacier ride II wird im Sommer 2022 das Klein Matterhorn (CH) mit der Testa Grigia (I) verbinden. Sie ist Teil des aussergewöhnlichen Alpine-X-Projekts, mit dem die Alpen von Zermatt nach Cervinia durchquert werden können. Die durchgehende Seilbahnverbindung sollte den Sommertourismus fördern und vor allem mehr ausländische Gäste anlocken. Heute erwirtschaften wir 25 Prozent unserer Einnahmen im Sommer, in den nächsten drei bis vier Jahren möchten wir diesen Anteil auf 30 Prozent erhöhen.
Hat sich Ihr Berufsalltag stark verändert?
Nicht wirklich, wir haben aber gelernt, uns Tag für Tag einer neuen Situation anzupassen. Die Angestellten und Gäste tragen in allen geschlossenen Räumen Masken. Und die Gemeinschaftsbereiche einschliesslich der Bergbahnen werden häufiger und gründlicher gereinigt und desinfiziert.
Wie gestaltet sich die bevorstehende Saison?
Das Jahr ist und bleibt aussergewöhnlich und ungewiss. Wir sind aber optimistisch und überzeugt, dass sich der Tourismus wieder erholt. Die Gesundheitskrise wird vorübergehen. Vorbehaltlich einer erneuten Verschärfung der Corona-Massnahmen werden wir diesen Winter sämtliche Anlagen und Pisten in Zermatt öffnen. Um allfällige finanzielle Bedenken der Gäste vorwegzunehmen, haben wir die Stornierungsbedingungen gelockert. Ein wegen Covid, Quarantäne oder Einreiseverbot nicht genutzter Skipass wird als Gutschein zurückerstattet. Diesen Winter stehen ganz klar die Schweizerinnen und Schweizer im Mittelpunkt. Vielleicht erleben wir ja den gleichen Boom wie vergangenen Sommer?
Haben Sie nach dem ersten Lockdown wirtschaftlich schon Bilanz gezogen?
Da wir den Betrieb im Frühling frühzeitig einstellen mussten, haben wir in der Saison 2019/20 rund 15 Millionen Franken Verlust gemacht, die wir aber mit unseren Reserven auffangen konnten. Trotz dieses Minusergebnisses haben wir beschlossen, für unsere Mitarbeitenden, denen wir Kurzarbeit verordnen mussten, die 20 Prozent Lohneinbussen zu kompensieren. Diesen Winter dürften die unsichere Lage und das Fernbleiben der ausländischen Gäste den Umsatz um rund 25 Prozent schmälern, wobei diese Zahlen natürlich wetterabhängig sind.