Xavier Dietlin

rockt die Uhrenszene

Autor
Olivier Müller
Urheberrechte ©
Lauffenburger
Veröffentlichung
Winter 2018-2019

Xavier Dietlin hat die Kunst Uhren auszustellen revolutioniert. Mit seinen geheimnisvollen, interaktiven Vitrinen konnte er praktisch alle Schweizer Uhrenmarken für sich gewinnen. Rückblick auf den Werdegang eines Mannes, der in Zermatt regelmässig neue Energie tankt.

Metallbauer sind Männer mit Herz. Xavier Dietlin hat seines an Zermatt verloren. Der knapp 50-Jährige, der sich eng mit dem Walliser Dorf verbunden fühlt, hat der Schweizer Uhrmacherei seinen Stempel aufgedrückt. Aber nicht, indem er neue Uhren entwarf, denn talentierte Uhrmacher hat die Schweiz genug. Seine Begabung besteht vielmehr darin, Uhren wirksam in Szene zu setzen.
Xavier Deitlin hat für Hublot, Omega, Blancpain, Audemars Piguet, Breguet, F.P. Journe und andere renommierte Uhrenmarken Dutzende avantgardistische Vitrinen angefertigt. „Als ich vor 20 Jahren die Firma meines Vaters übernahm, stellte ich fest, dass alle das Gleiche taten und sich dabei gegenseitig auf die Füsse traten. Sie bauten tote Glaskästen, die jeglichen Blickkontakt und jegliche Berührung mit der Uhr verunmöglichten. Ich wollte das auf meine eigene Art ändern.“
Das ist ihm auf äusserst elegante Weise gelungen. Xavier Dietlin verwendet dazu verschiedenste Technologien wie interaktive Vitrinen, Hologramme, Video, 3D und Virtual Reality. Er hat die Glaskästen aus den Ausstellungsräumen verbannt und sie durch Vitrinen ersetzt, die Emotionen auslösen.

Früherer Fussballprofi
Xavier Dietlin ist selbst ein emotionaler Mensch. Früher spielte er als Profifussballer beim FC Servette und beim FC Sion und noch heute ist er ein begeisterter Sportler, der aufgestellt und mit viel Biss durchs Leben geht. Passioniert erfindet er sich und seinen Beruf ständig und überall neu. So auch in Zermatt, wohin er seit zehn Jahren immer wieder gerne zurückkehrt. „Die Gastfreundlichkeit dort überrascht mich jedes Mal von Neuem, sie scheint den Leuten angeboren. Das Dorf hat seine Seele bewahrt und sich harmonisch mit dem Tourismus weiterentwickelt. Es ist der einzige Ort auf der Welt, an dem sich Millionäre und Landwirte täglich auf der Strasse begegnen und in den gleichen Restaurants essen. Bei Chez Vrony und Chez Heini fühle ich mich wie zu Hause!“

100% Swiss made
Für Xavier Dietlin ist Zermatt ein Musterbeispiel für Schweizer Qualität, für die auch er mit grosser Überzeugung einsteht. Das ist mit ein Grund, weshalb er von Zermatt so angetan ist. „Hier verbinden sich Luxus und Authentizität“, sagt er. „Es werden edle Materialien verwendet, die nicht importiert sind. Alles wird vor Ort mit lokalem Know-how hergestellt. So definiert sich Swiss made.“
In Zermatt bringt Xavier Dietlin seinen Beruf und seine beiden Hobbys, das Skifahren und das Wandern, unter einen Hut. Jeweils im Februar, zwischen den beiden wichtigsten Uhrenmessen, der SIHH im Januar und der Baselworld im März, verbringt er mit seiner Familie Ferien in Zermatt. Ende April kehrt er zurück, um den letzten Schnee der Saison zu geniessen. „Ein magischer Moment“, wie er mit leuchtenden Augen betont. „Dann sind alle unglaublich entspannt und man könnte meinen, man habe die Pisten für sich allein.“

Ein letzter Blick aufs Matterhorn
Im Sommer geniesst der unermüdliche Wanderer das Gefühl, vorübergehend „komplett orientierungslos“ zu sein. Dann nämlich, wenn der Schnee vor den sich ausbreitenden Weiden klein beigibt. Dieses Gefühl treibt ihn auch bei seiner Arbeit an. Xavier Dietlin beschreitet ständig neue Wege, bringt externes Wissen ein, das nichts mit der Uhrmacherei zu tun hat, und baut Vitrinen, mit denen er sich stets neu verwirklicht und seine unkonventionellen Ideen umsetzt.
Irgendwann wird er zu neuen Abenteuern aufbrechen. Welche das konkret sein werden, weiss er nicht, die Richtung aber ist klar: Es muss ein innovatives, authentisches Swiss-Made-Projekt sein. Xavier Dietlin ist jemand, der stets nach vorne schaut, aber auch immer wieder einen Blick zurückwirft, um sich daran zu erinnern, woher er kommt. „Das ist wie in Zermatt, dem einzigen Ort der Welt, an dem die Leute jeden Morgen einen Blick auf das Matterhorn werfen, bevor sie skifahren oder wandern gehen.“