Schlemmen

am Berg

Autor
Claude Hervé-Bazin
Urheberrechte ©
DR
Veröffentlichung
Winter 2020-2021

Es gibt Gäste, die kommen nur ihretwegen nach Zermatt. Dort oben am Berg empfangen rund 50 Hütten, Stübli, Restaurants, Bars und Buffets Skifahrer, Schlittler und Wanderer für eine Pause inmitten einer der schönsten Alpenlandschaften. Alte Bergchalets mit urigem Charme sind ebenso darunter wie moderne Lokale auf bis zu 3883 Metern Höhe. Von praktisch allen geniesst man eine herrliche Aussicht aufs Matterhorn und seinen Hofstaat aus schneebedeckten Bergen. Nicht nur das Dorf ist für seine Gastroszene bekannt, auch die Bergrestaurants können mithalten. Einige werden sogar im Gault&Millau und im Michelin geführt. Die meisten sind von Ende November oder Anfang Dezember bis Mitte April geöffnet.

In der wohligen Wärme der alten Chalets
Wer Nostalgie mag, sollte hinauf auf die Alpweiden, nach Findeln, auf die Riffelalp und vor allem nach Furi. Man erreicht den Weiler in 45 bis 60 Minuten zu Fuss oder gemütlich mit der Gondel des Matterhorn Express, der sanft über Waldstücke und die unter einer weissen Decke schlummernden Bergweiden gleitet. Furi in den Tiefen des Mattertals, am Knotenpunkt mehrerer Bergbahnen, besteht aus einer Handvoll Chalets und mehreren guten kulinarischen Adressen. Im Gitz-Gädi (Zermattdeutsch für Ziegenstall) geniesst man vor dem offenen Kamin Fondue, Rösti, Trockenfleisch, Lamm- und Ziegenspezialitäten. Im Simi wird typisch schweizerische Küche zeitgemäss zubereitet und ebenfalls bei flackerndem Feuer von einem aufmerksamen Personal serviert. Les Marmottes verwöhnt die Gäste mit Walliser Rind an Kiefernmoos und Steinbock-Ravioli. Das Wild hat der Chef selbst geschossen. Und im Aroleid Kollektiv innoviert ein junges Team im Zeichen der Nachhaltigkeit mit einer kreativen, interaktiven Küche (gern auch vegetarisch und vegan) und bietet Töpfer- und Baristakurse an.

hotelsilvana.ch
restaurantsimi.ch
les-marmottes.ch
aroleid-kollektiv.ch

Einer der Hauptwege zwischen Furi und Zermatt führt an den hübschen Weilern Blatten und Zum See vorbei. In beiden stehen drei- bis vierhundert Jahre alte Stadel aus geschwärzter Lärche sowie je ein Restaurant. Die Gaststube Zum See mit ihrem idyllischen Bergambiente und der herrlichen Terrasse mit Blick auf die Matterhornspitze sieht aus wie ein Postkartenmotiv. Ihre lokal verankerte Qualitätsküche (14 Gault&Millau-Punkte) verbindet traditionelle Berggerichte mit erlesenen Speisen wie Kalbsleber und hausgemachter Pasta. Sonntags kommten zur Abwechslung Rösti mit Räucherlachs auf den Tisch. Das familiäre Blatten wird von Leander und Simone Taugwalder geführt. Ein Taugwalder, Peter mit Vornamen, war es auch, der 1865 mit seiner Seilschaft das Matterhorn erstbeging. Wie es das Schicksal so will, hat sich das Wirtepaar auf dem von seinem Vorfahren bestiegenen Gipfel kennengelernt. Gekocht wird traditionell. Die Hausspezialität, eine Steinpilzsuppe mit Blätterteighaube, ist zum Klassiker mutiert. Im Winter steht jeden Mittwochabend ein Fondueplausch an und ab Februar ist die Schneebar geöffnet.

zumsee.chzumsee.ch
blatten-zermatt.ch

Im Alm am Rand des Moos-Trails werden frische Forellen aus dem eigenen Teich in allen Varianten angeboten: gegrillt, mit Mandeln, pochiert, im Salat, in der Folie gegart ... Das Ritti zehn Fussminuten weiter in Richtung Riffelalp könnte vom Arzt verordnet sein. In dem heimeligen Chalet mit dem schweren Schieferdach und der zwischen Bäumen verborgenen Mini-Terrasse fällt jeglicher Stress ab. Auf dem Menü: Rösti und hausgemachte Fondues.

alm-zermatt.ch
ritti.ch 

Auf einer Geländeterrasse am anderen Ufer des Zmuttbachs, in einiger Entfernung zu den Bergbahnen, befindet sich der Weiler Zmutt. Dicht aneinandergedrängt stehen schmucke Holzhütten aus einer anderen Zeit. Sie verschwinden fast unter der dicken Schneedecke. Die einfache Jägerstube tischt eine gutbürgerliche, lokale Küche auf. Einen halbstündigen Fussmarsch weiter wartet auf 2200 Metern das Bergrestaurant Stafelalp mit seinem hellen, modernen Saal, der nach einem Brand komplett neu aufgebaut wurde. Davor thront in der Achse des Matterhorns eine schöne Terrasse. Nirgends ist der ikonische Berg näher! Über die rote Piste Nr. 52 in einem der abgelegensten Sektoren des Skigebiets gelangt man direkt zum Fuss des majestätischen Gipfels. Von dort bringt einem die Sesselbahn Hirli zum Schwarzsee (2583 m) und dem gleichnamigen Hotel-Restaurant mit spektakulärer Aussicht.

matthiol.ch
schwarzsee-zermatt.ch

Auch in Findeln an der blauen Piste Nr. 5 prägen malerische Chalets das Bild. Das frühere Maiensäss ist heute eine der gastronomischen Hochburgen Zermatts. Gleich zwei Restaurants sind im Gault&Millau mit 14 Punkten bewertet.
Das bekanntere, Chez Vrony, zaubert aus Walliser Produkten (unter anderem hausgemachtes Trockenfleisch) kreative Feinschmeckergerichte. Liegestühle mit kuschligen Lammfellen auf der Terrasse und das vom Zermatter Künstler und Architekt gestaltete Interieur sorgen für Hüttenzauber in einer unverkrampft schicken Chill-out-Atmosphäre. Darunter lädt der Findlerhof mit seiner riesigen Panoramaterrasse zum Sonnen und Schlemmen ein. Franz und Heidi mögen es gern unkonventionell. Seit zwei Jahrzehnten bewirten sie die Gäste so warmherzig, dass sich diese sofort zu Hause fühlen. Mit ihren Trüffelravioli, ihren Quiches und der gigantischen Rösti Matterhorn kochen sie sich in die Herzen der Gourmets. Skifahrer müssen ihre Latten bei der kleinen Kapelle deponieren und zu Fuss hinabsteigen.
Drei weitere Bergrestaurants in unmittelbarer Nähe lohnen ebenfalls einen Halt: die trendige Chill & Grill Adler Hitta mit zeitweiser Livemusik und Whirlpool im Sommer, das Enzian und das kürzlich von Vrony übernommene Paradise.

chezvrony.ch
findlerhof.ch
adler-hitta.ch
paradisezermatt.ch

Auf der Riffelalp stillt man seinen Hunger im italienischen Restaurant Al Bosco. Es gehört zum schicken Riffelalp Resort (5*) auf 2222 Metern und sorgt für eine Prise Italianita direkt vor dem Matterhorn. Die Skifahrer kommen auf der roten Riffelberg-Piste direkt an der XXL-Sonnenterrasse vorbei. Zum Dinieren im Innern erhalten die Gäste Filzschuhe.

riffelalp.com

In Gipfelnähe
Die Zermatter Bergbahnen bringen die Gäste noch höher hinauf. In verschiedenen Bergstationen und Berghütten warten weitere Restaurants mit fantastischem Alpenpa-norama. Zu den besten Adressen gehört unbestritten das in hellem Holz gehaltene Ristorante Pizzeria auf dem Rothorn (3103 m). Eine «Etage» tiefer auf Blauherd (2571 m) begeistert die Blue Lounge mit ihren Flammkuchen auf Elsässer Art. Besonders empfehlenswert ist das Fluhalp (2620 m). Die rustikale, einladende Berghütte wurde in den 1930er-Jahren gebaut und ist über die rote Piste Rotweng oder vom Rothorn aus erreichbar. Zu den Spezialitäten gehören denkwürdige Walliser Teller, Pasta, hausgemachte Kuchen, Freundlichkeit, eine unvergleichliche Atmosphäre und in der Hauptsaison Live-Musik.

rothornpizzeria.ch
fluhalp-zermatt.ch

Um noch näher an die Gipfel heranzukommen, nimmt man zunächst die Seilbahn Trockener Steg, anschliessend die Sesselbahn auf den Furggsattel und fährt dann mit den Ski bis zur Gandegghütte. Die frühere Berghütte bietet auf 3030 Metern eine der schönsten Aussichten auf die Alpen. Von der Rückseite des Restaurants blickt man direkt auf den Theodulgletscher. Hier wird (fast) jedes Jahr die höchstgelegene Bühne des Musikfestivals Zermatt Unplugged aufgebaut. Man kommt bei köstlichen lokalen Spezialitäten wieder zu Kräften und kann sogar in der Hütte übernachten, um die überwältigende Umgebung in aller Ruhe zu bestaunen und am nächsten Morgen die menschenleeren Pisten zu geniessen.
Wer noch höher hinaus möchte, kann bis zum Klein Matterhorn hinauffahren und sich im Matterhorn glacier paradise 3883 m ü. M. verköstigen. Man hat nicht jeden Tag die Gelegenheit, im höchstgelegenen Bergrestaurant Europas zu essen!

gandegg-huette.net
matterhornparadise.ch

Auf italienischer Seite
Um die Espresso- oder Ristretto-Pause kommt man im italienischen Teil des Skigebiets kaum herum. Ausweis und Euro nicht vergessen! Kaum hat man es über den Kamm geschafft, lockt das Bontadini mit seinen Spezialitäten: Fondue auf Aostatal-Art, Ravioli, Risotto, Ossobuco, Polenta und natürlich Tiramisu. Serviert werden die Köstlichkeiten entweder im Selbstbedienungsrestaurant, in der heimeligen Locanda oder auf den grossen Panoramaterrassen am Fuss der Matterhorn-Südwand und des Furggengrats auf 3100 Metern Höhe. Weiter unten (2750 m), etwas oberhalb von Plan Maison, steht das schon fast legendäre, von der schwedischen Köchin Ulla Frassi und ihrem italienischen Mann Cesare geführte Chalet Etoile. Ihre italienisch-schwedisch-asiatische Fusion-Küche aus marktfrischen Produkten ist elegant, schmackhaft und überraschend originell. Freuen Sie sich auf viele kulinarische Sternstunden!

chaletetoile.it