Leander Wenger

setzt die Berge ins richtige Licht

Autor
Laurent Grabet
Fotograf
Leander Wenger

Der Zermatter Fotograf enthüllt in seinen Aufnahmen den Zauber der Oberwalliser Berge und seiner Wahlheimat. Um ein Haar wären uns seine grossartigen Bilder entgangen, denn seine Eltern wollten, dass er etwas „Anständiges“ lernt.

Leander Wenger war schon als Kind vom Fotografieren fasziniert. Ende der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre knipste er mit einer einfachen Farbfilm-Kamera, deren Marke er kurioserweise vergessen hat, sein Dorf Ernem im Bezirk Goms, die Einwohner und die Umgebung. Als der Teenie eines Tages lauthals verkündete, er wolle Berufsfotograf werden, stiess er auf wenig Verständnis. Seine Eltern, Chaletbauer von Beruf, und die Erwachsenen aus seinem Umfeld holten ihn etwas unsanft auf den Boden der Realität zurück: „Davon kann man nicht leben“, wurde ihm eingetrichtert. Dem gut gemeinten Rat folgend begrub der Oberwalliser seinen Traum und landete schliesslich in Zürich in einer Bank.

Der Himalaja als Auslöser
Heute, vierzig Jahre später, ist Leander Wenger neben sieben Kollegen als Berufsfotograf in Zermatt tätig. Der 55-Jährige jongliert zwischen seiner Leidenschaft und der in seiner Jugend vielbeschworenen Realität. Er arbeitet als Buchhalter in einem örtlichen Viersternehotel. Die restliche Zeit lichtet er Wohnungen und Liegenschaften ab oder schlüpft in Wander- oder Skischuhe und macht sich auf die Suche nach besonderen Lichtverhältnissen. „Im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein, um besondere Augenblicke festzuhalten, das fasziniert mich am Fotografieren. Um dieses Wechselspiel von Licht und Schatten, das meist früh morgens oder am späten Nachmittag stattfindet, vor die Linse zu bekommen, kann ich zehn Mal an den gleichen Ort gehen, bis ich das richtige Bild gemacht habe. Aber genau das gefällt mir!“ Landschaften und Berge im Besonderen spielen in den Aufnahmen von Leander Wenger eine wichtige Rolle. Diese Vorliebe hat ihren Grund. Es waren die Berge, die ihn zur Fotografie zurückgeführt haben. Als Dreissigjähriger unternahm der begeisterte Bergsteiger eine Expedition in den Himalaja. Am Flughafen von Katmandu wurde ihm seine Leica M gestohlen. Eigentlich war dieses Malheur aber ein Glücksfall. Er kaufte sich eine der ersten auf dem Markt erhältlichen Digitalkameras und knüpfte wieder an die Leidenschaft seiner Kindheit an. Zunächst fotografierte er nur sporadisch, dann wurden seine Aufträge regelmässiger.Zwischenzeitlich war der umtriebige Weltenbummler etwas zur Ruhe gekommen und hatte sich in Zermatt niedergelassen, „damit ich möglichst viel skifahren und bergsteigen kann“. Seine Erlebnisse in den Bergen schärften seinen Blick fürs Schöne und die Natur und veranlassten ihn, immer häufiger auf den Auslöser zu drücken.

Der Hype um das Matterhorn nervt und nährt ihn
Wie man sich denken kann, nimmt das Matterhorn in seiner fotografischen Arbeit einen zentralen Platz ein. „Weil ich das Matterhorn mag, aber auch, weil das genau die Fotos sind, die meine Kunden wünschen“, grinst Leander, wobei er nicht ganz verbergen kann, dass ihn diese Besessenheit nervt. Sein Lieblingsberg ist allerdings fast genauso berühmt. Auch den Monte Rosa kennt fast jeder. Leander Wenger liebt die eindrücklichen Gipfel rund um Zermatt genauso, wie er sie fürchtet. Vor ein paar Jahren musste er miterleben, wie ein Freund bei einem Steinschlag auf einem der Berge ums Leben kam. Seither hat er das Bergsteigen aufgegeben, fährt aber noch immer Ski und geht wandern. Nach langem Schweigen meint er: „Was mich am Fotografieren fasziniert, ist das Festhalten eines unwiederbringlichen Moments.“ Momente wie die, als er den Erwachsenen seinen Bubentraum enthüllte, Fotograf zu werden, in der Hoffnung, er werde dabei unterstützt.

www.zermattfoto.ch