David Carlier Auslösende Momente

Auslösende Momente

Autor
Laurent Grabet
Fotograf
David Carlier

Der Wahlwalliser hat seine Berufung als Fotograf erst spät entdeckt. Zermatt und das Matterhorn gehören zu David Carliers Lieblingssujets. Er blickt für 30° auf seinen untypischen Werdegang zurück und erzählt, wie er vom angehenden Bergführer zum anerkannten Bild- und Abenteuerprofi wurde.

„Als Fotograf zu arbeiten schien mir bis vor zehn Jahren noch ein unerreichbarer Traum“, versichert David Carlier. Dem 44-Jährigen haftet etwas Jungenhaftes an, was durch sein Verkehrsmittel, ein Longboard, noch betont wird. Etwas schüchtern und doch unglaublich zuvorkommend erzählt er, wie es dazu kam, dass er heute mit Shootings seine Brötchen verdient. Fünf Erlebnisse hätten dabei als Auslöser gewirkt.

Von der Seidenstrasse zu den Outdoor Games
Bei den Carliers ist Fotografieren Familiensache. „Ich hatte bereits mit acht Jahren meinen ersten kleinen Fotoapparat“, so David. „Mit 14 durfte ich bei einem Besuch im Verkehrshaus Luzern die Spiegelreflexkamera meines Vaters benutzen, später schenkte mir mein Grossvater seinen Nikkomat mit einem 50-mm-Objektiv. Ich brauche ihn noch heute und liebe es, das Leben durch seinen Sucher zu betrachten.“ Dieses Geschenk sei der erste Auslöser gewesen.

Als zweiten Auslöser nennt er die zufällige Begegnung mit der Schriftstellerin und Abenteurerin Ella Maillart auf der Seidenstrasse. Er war damals erst 18. „Auf dieser Reise ist meine Liebe zu Reportagen und Fotos, die eine Geschichte erzählen, entstanden.“ Damals kam auch der Wunsch in ihm auf, sich voll und ganz auf Fotoreportagen zu konzentrieren. Als wäre es ein Wink des Schicksals, stiess er an seinem Geburtstag auf einem Trip durch China an einem Busbahnhof mit seinem Patenonkel zusammen. „Er ist ein Weltenbummler und reist auch heute noch, mit über 80 Jahren, zusammen mit seiner Frau, seinem Hund und seiner Kamera durch die Welt. Als Teenager war ich von seinen Diashows, seiner Nikon FM und seinem safaritauglichen Land Rover fasziniert.“

Während seines Wirtschaftsstudiums entdeckte David dank eines Kommilitonen das Bergsteigen. Dritter Auslöser. „Wir schwänzten ziemlich oft die Kurse, um in die Berge zu gehen!“, schmunzelt er. 1997, nachdem er zwei Jahre lang als Trader viel Geld verdient hatte, nahm seine Leidenschaft plötzlich überhand. Er hängte seinen Anzug an den Nagel und zog nach Zermatt, wo er ein kleines Hotel führte und eine Ausbildung als Bergführer begann. Abgeschlossen hat er sie nie, baute damals aber sein Netzwerk in der Welt des Bergsports auf und feilte an seinen technischen Fähigkeiten, dank denen er heute Sportler vom Kaliber einer Géraldine Fasnacht oder eines Gilles Sierro begleiten kann. Anfang 1999 gründete David mit einem Freund eine Webdesignfirma und danach mit seiner Frau ein Kommunikationsunternehmen. 2004 lancierte er zusammen mit Nicolas Hale-Woods die Outdoor Games. Sie waren der vierte Auslöser und bestätigten ihn darin, dass Fotografieren seine Berufung ist.

Die Krönung
Am Rande seiner Aufgabe als Kommunikationsleiter der Outdoor Games und später auch der Freeride World Tour betätigte sich David Carlier immer häufiger als Fotograf. 2010 erlebte er seinen fünften Auslöser – mit verzögerter Wirkung. Er schoss bei einem Workshop in den USA ein Foto, das ihm vier Jahre später zum Durchbruch verhalf. Die Aufnahme des winzig kleinen Kajakers, der einen tosenden Wasserfall in Idaho hinunterstürzt, wurde am renommierten Red Bull Illume prämiert.

Heute wird David Carlier von Nikon unterstützt und seine Aufnahmen werden in vielen Zeitschriften veröffentlicht. Ausserdem ist er im Auftrag von grossen Uhrenmarken oder Feriendestinationen wie dem Wallis tätig. 2015 realisierte er für den Kanton den Dokumentarfilm 13 Walliser Abfahrten. Im gleichen Jahr wurden an der Weltausstellung in Mailand rund hundert seiner Bilder zum Thema Wasser in den Walliser Tälern gezeigt. „Manchmal bedaure ich, dass ich so spät mit dem Fotografieren angefangen habe“, räumt der Mittvierziger ein. „Ich habe ziemlich lange gebraucht, bis ich mir eingestehen konnte, dass ich vom Fotografieren leben kann, obwohl ich schon immer gerne Geschichten mit Licht, Bildern und der Natur erzählt habe. Mich fasziniert die Wirkung, die ein unbearbeitetes Foto haben kann. Heute konzentriere ich mich mehr und mehr auf Reportagen und verlasse den Mikrokosmos des Abenteuersports, um mich anderen Themen, die mir am Herzen liegen, zu widmen.“

www.davidcarlierphotography.co...